Wenn dich die Muse an einem ganz besonderen Ort küsst und du in zwei Monaten einen ganzen Roman schreibst...
So geschehen dieses Jahr 2018, als ich in Newquay war und mir das Surfen habe beibringen lassen. Doch es war nicht das Surfen selbst, vielmehr waren es der Ort, die Menschen und diese unbeschreibliche Sehnsucht, die mir dort widerfahren sind. Und all das habe ich genommen und in diesen charmanten Kriminalroman gesteckt.
Diesmal bin ich auch ganz professionell vorgegangen, habe mir den ersten Druck bestellt und es überarbeitet, bevor ich das Buch beworben habe. Doch nun ist es offiziell und damit unumrückbar für jedermann zu erwerben.
Einen Wehrmutstropfen gibt es aber dennoch: Bei jedem Buchabschluss empfinde ich tiefen Herzschmerz, denn ich muss mich von etwas Geliebtem lösen, muss engste Freunde und Vertraute hinter mir lassen. Nun habe ich das Gefühl, mit Eva und Blake auch diesen herrlichen Ort im Süden Englands endgültig zu verlassen, was mich noch sehnsüchtiger nach einer Rückkehr macht, ebenso nach einem neuen Buchprojekt, das mich über diesen Verlust hinwegtrösten kann.
Also wird im metaphorischen Sinn bald schon wieder die Feder geschwungen, um etwas Neues zu schaffen... und mich ein weiteres Mal zu verlieben und zu verlieren.
Das Los eines Autors.
Lebenskrisen sind persönlich und begleiten uns - den einen mehr, den anderen weniger. Es gibt die großen: Tod, Gewalt, Krieg..., aber es gibt auch die kleinen, feinen: Trennung/Liebesentzug, Arbeitslosigkeit, Mobbing, Enttäuschung... Jede dieser Krisen bewerten wir individuell und entscheiden (unbewusst) über ihre Gewichtigkeit. Hier gibt es kein Schwarz oder Weiß. Man ist nicht entweder resilient oder vulnerabel, denn dafür müsste man den Geist kategorisieren, müsste nach Regeln und Tabellen funktionieren.
Es ist also durchaus normal, für eine gewisse Zeit das Gefühl zu haben, an einer Situation zu zerbrechen, um sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzurappeln und wie ein Phönix aus der Asche wieder-aufzuerstehen. Nur wie rapple ich mich wieder auf, wie finde ich Stärke in einer Zeit der Schwäche?
Selbstreflexion, die eignen Wünsche kennen, Ziele definieren und angehen - im Grunde also Selbstkenntnis. Klingt ja ganz schön einfach, ist es aber nicht. Klar kennt jeder seine eigenen Wünsche, weiß ganz genau, was ihm gefällt und was nicht. Oder? Wenn da nur dieser hinterhältige Selbstbetrug nicht wäre, die Ignoranz, die Selbst-unterschätzung. Wir träumen vielleicht schon immer oder zumindest sehr lange von einer bestimmten Sache, tun sie aber als unvernünftig ab, als Träumerei halt. Vielleicht würde man gern nach Südamerika auswandern, vielleicht Theaterschauspieler werden, Deckengemälde in historischen Gebäuden malen, Eiskunstlaufen, endlich schlank sein, Messer schmieden oder eine Firma gründen.
Zu den großen Träumen kommen auch immer Ängste hinzu: "Wenn ich es versuche und scheitere, werde ich unfassbar enttäuscht und unglücklich sein. Lieber träume ich weiter als genau zu wissen, dass es nicht klappt - so bleibt mir noch die Hoffnung." Leider ist das schrecklich falsch, denn so nimmt man sich die Hoffnung selbst. Und gibt es etwas Traurigeres als das?
Wie immer spreche ich aus Erfahrung, denke dabei an meinen Traum vom Schreiben, denke daran zu wissen, was ich kann und bereits geschaffen habe... und es dann beiseite zu legen, weil die Hürden zu unüberwindbar scheinen und weil das verdammte Leben dazwischen-funkt. Und doch war es nicht mein Leben, es waren die Verpflichtungen, die ich mir selbst auferlegt hatte: Geld verdienen, soziale Kontakte aufrechterhalten, mich im Beruf beweisen wollen, eine Beziehung pflegen... doch dann fiel ich plötzlich in ein tiefes Loch.
Dieses Loch war ein Burnout, der selbstverständlich mehrere Gründe hatte, aber die Wurzel war der begrabene Traum.
Heute ist aus diesem Traum ein Ziel geworden, das ich verfolge und dem ich mal mehr, mal weniger energisch nachgehe. Ich gebe nicht alles dafür auf, setze mich nicht unter Druck, verliere jedoch niemals aus den Augen, wo ich hinwill. Mein Ziel ist dadurch greifbar geworden, liegt direkt vor mir... einen großen Schritt noch...
Wer nun meint, dass ich leicht reden habe, wo ich doch bloß drauf los schreiben muss, der irrt sich. Wer schreibt, will auch veröffentlichen. Verlage nehmen keine Manuskripte an, Literaturagenturen interessieren sich praktisch gar nicht für Belletristik und dergleichen, und sollte man doch als Neuautor bei einem Miniverlag landen, verdient man praktisch nichts und wird auch noch lausig von denen beworben bzw. findet sein Buch in keinem Regal einer Buchhandlung. Und dafür gebe ich dann die Rechte an meinem Werk ab.
Ich habe also alles selbst gemacht, habe mir ein print-on-demand-Unternehmen gesucht, das für mich die Bücher im Internet anbietet und mich kein Geld kostet. Ich verdiene auch hier wenig, da die Druckkosten bei Einzeldrucken hoch sind, aber das kümmert mich nicht. Wenn die Leute mich nicht kennen, liegt das wenigstens an meiner eigenen Faulheit, Werbung für mich selbst zu machen, und wenn ich in keinem Buchhandel zu finden bin, dann habe ich selbst es versäumt, bei den Buchhandlungen vorzusprechen bzw. wenigsten mal auf eine Buch-messe zu fahren. Ich kann also niemand anderen beschuldigen als mich selbst, und damit weiß ich auch, dass ich keine lausigen Ausreden finden kann - es sind nicht DIE, ich bin es.
Ich habe es also selbst in der Hand, habe Mühe und Zeit investiert, und nun liegt mein neues Buch in den letzten Zügen. Dort fließt meine Energie augenblicklich hinein, und genau das ist wichtig und richtig. Ich habe mir dieses Ziel bis zum Jahresende gesetzt: beenden und überarbeiten. Dann geht es in den Druck, und dann werde ich meine Energie in Selfmarketing stecken. Ein Thema, das mir unfassbar unlieb ist, aber auch diese Hürde meistere ich... so wie alle anderen in meinem Leben!